Dem einen oder anderen werden schon schön gestaltete Metallplaketten an alten französischen Fahrrädern aufgefallen sein. Dabei handelt es sich einer- seits um sog. Besitzerplaketten mit Namen und Adresse des Fahrradeigners, andererseits um Steuermarken des französischen Staates, die in Frankreich verpflichtend an fast jedem Fahrrad anzubringen waren. Zu Letzteren existiert eine gute Zusammenfassung in Form eines kleinen PDF, dessen Autor ich leider nicht mehr eruieren konnte. Man kann es sich aber auf einigen Webseiten im www ansehen bzw. herunterladen, daher bin ich so frei und stelle es ebenfalls hier vor.
Für interessierte Besucher, die nicht des Französischen mächtig sind, habe ich den Text (frei) ins Deutsche übersetzt. Das französische Original können Sie sich hier herunterladen:
Die französischen Steuermarken gehen zu- rück auf ein Gesetz von 28. April 1893, nach dem jeder Besitzer eines Velocipeds oder eines ähnlichen Gefährts eine jährliche Steuer von 10 Francs zu bezahlen hatte.
Von dieser Abgabe waren nur gewerblich genutzte Fahrräder sowie Räder des öffent-lichen Dienstes und des Militärs ausge-nommen. Mietfahrräder dagegen wurden ebenfalls mit der Steuer belegt.
Die französische Fahrradsteuer wurde ohne Unterbrechung von 1893 bis 1959 eingehoben.
1899 erschien die erste Marke aus Metall als Beleg für die bezahlte Steuer. Diese Steuermarke musste sichtbar am Fahrrad befestigt werden.
Ab 1. Mai 1900 wurde eine neue Ausführung der Steuermarke gültig, nun für vier Jahre. Die Plakette aus Messingblech besaß ein freies Feld, auf dem der/die Be- sitzer(in) Vor- und Zunamen und Adresse eingravieren (lassen) konnte.
[Anm.: Meines Wissens durfte man auch eine separate Besitzerplakette an- bringen, man musste also das freie Feld nicht unbedingt nutzen.]
1904 erschien eine neue Plakette, ebenfalls noch mit Namensfeld. Sie war weitere vier Jahre gültig.
1907: Nach Protesten in der Bevölkerung wurde mit der neuen Marke auch der Steuer- satz auf 3 Francs herabgesetzt, gültig ab 1. Januar 1907.
Die Messingmarke zeigte nun kein Feld für Besitzerangaben mehr. Ab diesem Zeitpunkt erschien bis zum Jahr 1921 jährlich eine neue, von der Gestaltung her unterschied- liche Variante der Steuermarke.
Ab 1911 wechselten sich Steuermarken aus Messingblech (für ungerade Jahres-zahlen) mit solchen aus Weißblech (für gerade Jahreszahlen) ab.
Die Messingmarke für das Jahr 1921 wurde in der selben Gestaltung für die Jahre 1922 bis 1929 weiter verwendet, wobei sich jedes Jahr wie gehabt das Material und natürlich die Jahreszahl änderten.
Die Plaketten konnten mittels eines Metall-bandes am Rad befestigt werden, oder man nutzte spezielle Halterungen aus dem Zube- hörangebot der Fahrradhändler.
Ab dem 1. Januar 1930 änderte sich das Aussehen der Steuermarke erneut. Dieses blieb nun für jeweils zwei Jahre identisch, wobei sich weiterhin Messingblech (für un- gerade Jahre) mit Weißblech (für gerade Jahre) abwechselte.
1940 und 1941 verwendete man das Design der Marke von 1930, nur die Punze der Finanz wanderte vom linken oberen ins rechte obere Eck.
Die Steuermarke von 1941 bestand nach der festgelegten Folge aus Messingblech und war bereits gefertigt und teilweise ausge-geben. Durch den kriegsbedingten Rohstoff-mangel verfügten die deutschen Besatzer Frankreichs allerdings den Ersatz der Bunt- metallmarken gegen solche aus weniger wertvollem Weißblech. Daher existieren für das Jahr 1941 beide Material-varianten, wobei Messing seltener vorkommt.
Ab 1942 wurde die Prägung von Metallplaketten eingestellt und statt dessen Kartonmarken mit dem Faksimile der Metallmarken ausgegeben. Die Steuer betrug nun 25 Francs und es war das erste und letzte Mal, dass der Steuerbetrag auf dessen Nachweis ersichtlich war.
Gemeinden, in denen diese Kartonmarken nicht mehr in ausreichender Zahl zur Verfügung standen, stellten selbst Bestätigungen für die entrichtete Steuer aus. Diese lokalen Steuermarken sind heute sehr rar, nur wenige haben die Zeit überdauert, auch wenn damals sicher Tausende davon im Umlauf waren.
Ab dem Jahr 1943 änderte sich der Steuernachweis in die Form einer Brief-marke, die der Besitzer auf ein Papier oder einen Karton aufzukleben hatte. Diese Marken sind heute naturgemäß ebenfalls sehr selten erhalten, obwohl immer mal wieder ein Stück - zusammengerollt und in ein Rahmenrohr oder einen Lenker gestopft - auftaucht, da man die Marke jederzeit bei einer Kon- trolle vorzuzeigen hatte.
Ab 1949 wurde die Briefmarkenform zugunsten eines Ausweisformulars aufge-geben. In diesem Ausweis waren nun sämtliche Daten des Besitzers erfasst, so dass auch die vormals noch vorgeschriebene Besitzerplakette am Fahrrad ent- fiel.
Den Ausweis, weiterhin als 'Steuerplakette' bezeichnet, konnte man in Tabak-trafiken kaufen, die, wie heute noch in Österreich, solche niederen Verwaltungs-vorgänge für den Staat übernahmen. Die Farben des Ausweises änderten sich jährlich in einer Palette von fünf unterschiedlichen Farben.
Der letzte Steuernachweis in Form dieses Ausweises wurde für das Jahr 1959 ausgegeben, danach schaffte der französische Staat die Fahrradsteuer per Er- lass vom 30. Dezember 1958 ab.