Modell E Route von 1915-17

Eine schlichte Schönheit

Bevor ich eines meiner E-Modelle von Peugeot vorstelle, möchte ich an dieser Stelle einige allgemeine Informationen zum Modell E liefern:

Das Modell E Route im Rahmen der Peugeot-Palette

 

Bestand das Angebot der Firma Peugeot Frères neben Damenrädern, dem Bahnrenner, militärischen Klappfahrrädern und Lastenrädern bislang traditionell aus dem einfachen Touren- und Gebrauchsrad (Modell 'A Route') und seinen besser ausgestatteten Varianten mit Schaltungen, Wellenantrieb etc., kam im Modelljahr 1908 ein völlig neues Fahrrad hinzu: das Modell 'E Route'.

Katalogblatt 1908. Erstes Modell des E Route
Katalogblatt 1908. Erstes Modell des E Route

Inspiriert durch die großen sportlich- en Erfolge des Jahres 1907, in dem Peugeot so gut wie alle namhaften nationalen Radwettbewerbe gewin- nen und auch international viele pre- stigeträchtige Siege einfahren kon- nte, war man es dem Image der Mar- ke wohl schuldig, auch seinen Kun- den ein sportliches Fahrradmodell für den Alltagsgebrauch anzubieten.

 

Als neues Modell im Jahr 1908 besaß das E Route zwar noch die Rahmen-geometrie und auch den Bau des nor- malen Tourenrads, war aber ausge-stattet mit leichteren Komponenten wie schmäleren Laufrädern, schmaler 3 mm-Kette usw. Bereits im nächsten Modelljahr, 1909, bekam das Modell E einen eigenständigen Rahmen und war fortan kein Derivat des Tourers mehr, sondern das Sportrad im Peugeot-Programm.

1909 beschrieb Peugeot das E als sportliches Modell zwischen dem Standard A und dem Course, also dem reinrassigen Rennrad.

Angelehnt an den Rahmen der erfolgreichen Tour de France-Renner dieser Jahre besaß das E einen aus dünneren Rohren hergestellten und dadurch leichteren Rahmen mit nach vorne abfallendem Oberrohr sowie einem gleich-zeitig verkürzten Hinterbau für mehr Steifigkeit; somit ein fast reiner Rennrad-rahmen. Noch gab es diese durchaus filigrane Konstruktion allerdings bis zu einer Rahmenhöhe von 62 cm. 62er-Rahmen des Modell E sind heute sehr sel- ten. Möglicherweise liegt das auch an der grenzwertigen Haltbarkeit des fili- granen Geröhrs bei dieser Größe, oder einfach an der sportlicheren Erscheinung etwas niedrigerer Rahmen, wer weiß.

Katalogblatt Peugeot 1909 mit den Ausstattungs-optionen für Fahrräder
Katalogblatt Peugeot 1909 mit den Ausstattungs-optionen für Fahrräder

Das E war, nimmt man die erhalten- en Exemplare als Maßstab, ein ex- trem erfolgreiches Modell im Pro- gramm von Peugeot. Man konnte es wie üblich mit allen möglichen Op- tionen an Lenkern, Bremsen und auch (Schalt-)Naben bestellen, so dass kaum ein Modell E dem ander- en gleicht. Verkauft wurde es als reines Grundmodell ohne Bremsen, ja sogar ohne Freilauf. So konnte sich jeder Kunde sein individuelles Sportrad zusammenstellen. Aus die- sem Grund treten uns die erhaltenen Exemplare in vielfältiger Weise entgegen: von reinen, nackten (Halb-)Rennern bis zu voll ausgestatteten Sport-Tourern inklusiv Ketten-Vollschutz.

 

Das Modell E blieb bis 1921 im Angebot von Peugeot, bevor es einem völlig neu- en Modellprogramm weichen musste. Neben dem Standard-Modell A prägte vor allem das Sportmodell E die Fahrradproduktion Peugeots in den 1910er Jahren.

Peugeot E Route von 1915-17
Peugeot E Route von 1915-17

Das hier vorgestellte Modell E stammt aus der Zeit des 1. Weltkriegs (Baujahr 1915-17 - siehe dazu auch das PDF zur Datierung).

 

Wie oben bereits angemerkt, waren durch die individuellen Ausstattungsoptionen ab Werk alle erdenklichen Varianten im Umlauf. Dieses Exemplar kommt wie ein reines Sport- rad daher - heute würde man dazu wohl "Halbrenner" sagen.

 

Hinten ist eine Torpedo-Rücktrittnabe verbaut (ebenfalls als Option zumindest bis 1914 bzw. danach bis zum Ende der Lagerbestände lieferbar), vorne die übliche Peugeot-Radial- nabe. Mit dem größten lieferbaren Ketten- blatt (52 Zähne 1/2"), einem der beliebten Reversible-Lenker (zum Tourenlenker um- baubar) sowie einem Rennsattel ergibt es ein sportlich-schlichtes Fahrrad, wie es zu dieser Zeit sicher oft auf den Straßen Frankreichs anzutreffen war. Eine leichte Celluloid-Luftpumpe und Rennhaken vervollständigen das Bild.

 

Schmale 32er-Reifen (28 x 1 5/8 x 1 1/4 x 1 1/8, hier von Michelin) waren damals als Option erhältlich und passen hervorragend auf die ebenfalls schmalen, serienmäßigen Chapeau de Gendarme-Felgen des Modell E.

 

Durch die relativ große Übersetzung ist das leichte Fahrrad (ca. 11 kg bei 57 cm Rahmenhöhe) zwar schnell, allerdings fürs Gebirge eher unbrauchbar. Dafür ist es in meinen Augen ein klassischer Halbrenner, der seinen Namen auch ver- dient - im Gegensatz zu den massenhaft angebotenen, als Halbrenner dekla-rierten, umgefrickelten Tourenrädern, die heute durch den Gebrauchtmarkt geis- tern.